Interview Powertage 2022

IoT ist ein Innovationsbooster für Energie

Schweizer Energieversorger stehen vor der grossen Aufgabe, ihre analogen Zähler zu ersetzen. Als wichtiger Bestandteil von Smart Grids ermöglichen Smart Meter völlig neue Geschäftsmodelle - davon profitieren auch neue Akteure. Es lohnt sich daher, zügig in IoT-basierte Services zu investieren.

Herr Rechou, Sie verantworten bei Sunrise UPC das Business Development für Smart Energy Themen. Welche Rolle spielt das Thema Smart Metering 2022?

Mit der aktuellen Welt- und Klimalage sind nachhaltige Energieeffizienz und Versorgungssicherheit mehr denn je gefragt. Im Rahmen der Energiestrategie 2050 hat sich die Regierung verpflichtet, dass Schweizer Energieversorger 80 Prozent ihrer herkömmlichen Stromzähler durch intelligente Zähler ersetzen - bis 2027. Das klingt noch weit weg, doch eine frühzeitige Umstellung lohnt sich schon heute und ist einfacher realisiert als viele denken. 

Smart Meter sind intelligente Zähler, die Daten über Mobilfunk und das Internet der Dinge (IoT) speichern, senden und empfangen können. Alle 15 Minuten werden Daten gesammelt und in verschlüsselter Form an Datenkonzentratoren (DCs) in Umspannwerken und von dort direkt an die Stromversorger übertragen. Smart Meter leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Transparenz über den tatsächlichen Stromverbrauch. Das bringt eine Reihe von Vorteilen für alle Teilnehmer im Schweizer Strommarkt.

 

Was bringen die kleinen Helfer in der Praxis?

Das automatische Auslesen des tatsächlichen Stromverbrauchs mit Smart Meters erspart Mietern und Immobilienbesitzern künftig Nachzahlungen und automatisiert die Abrechnung. Das reduziert Fehler und verringert den administrativen Aufwand der Versorger. Versorger, die den Energieverbrauch ihrer Kunden durch intelligente Zähler und eine umfassende Überwachung besser verstehen, können die Kosten dauerhaft senken und die Kunden durch zusätzliche Dienstleistungen besser an sich binden. Wer Netzschwankungen durch gezielte Handlungsempfehlungen und digitale Energiedienstleistungen in den Griff bekommt, spart in Zukunft sogar erhebliche Kosten für den Netzausbau.

 

Welche digitalen Dienstleistungsmodelle sind bereits auf dem Vormarsch?

Neben den traditionellen Akteuren der Energiewirtschaft bringt das Thema Smart Metering auch neue Player mit datengetriebenen Geschäftsmodellen auf den Plan. Der Wettbewerbsdruck nimmt zu. Swisseldex zum Beispiel hat eine zentrale Datenaustauschplattform entwickelt, die Wechselprozesse vereinfacht und entsprechende Dienstleistungen anbietet. Bei Sunrise UPC arbeiten wir an einer Energielösung, die neue Geschäftsmodelle für alle Marktteilnehmer ermöglichen soll. Es lohnt sich also, frühzeitig in IoT-basierte Dienste zu investieren und in digitale Ökosysteme einzusteigen.

 

Stärkt der liberalisierte Strommarkt die autarke Energieversorgung?

Neben den genannten Anwendungsfeldern haben Smart Meter eine zusätzliche, wichtige Funktion: Sind sie sowohl mit intelligenten Steuerungsmodulen (Gateways) als auch mit einer digitalen Trafostation verbunden, schaffen sie die Basis für ein intelligentes Verteilnetz, das Smart Grid. Digitale Trafostationen ermöglichen den Stromfluss in beide Richtungen. So können die Versorger nicht nur ihren Strom an die Endverbraucher liefern, sondern auch Solarstrom von privaten Dächern oder aus Batteriespeichern ungenutzter Elektrofahrzeuge einsammeln.

Damit wird eine der grossen Herausforderungen rund um die erneuerbaren Energien gelöst: Viele Gebäudeeigentümer erzeugen zwar Strom für den Eigenbedarf. Private Speicherlösungen sind jedoch noch zu ineffizient und bieten nur begrenzte Möglichkeiten zur Weiterverteilung des Stroms an andere Verbraucher. Fliesst überschüssiger Strom durch digitale Umspannwerke, kann er in grossen Gemeinschaftsspeichern gesammelt werden, um andere Verbraucher nach Bedarf zu versorgen. Dies stärkt den Ansatz der autarken Energieversorgung, der mit der anstehenden Liberalisierung des Strommarktes deutlich an Zugkraft gewinnen wird.

 

Inwiefern kann die IoT-Vernetzung matchentscheidend sein?

Ob als Datenquelle für neue energiewirtschaftliche Anwendungen oder als wesentlicher Bestandteil künftiger Smart Grids - Smart Meter stellen ein erhebliches Potenzial für die Energiewirtschaft dar. Um überhaupt einen Nutzen aus den digitalen Stromzählern ziehen zu können, müssen sie jedoch mit Datenkonzentratoren und Energieversorgern kommunizieren können. Smart Meter sind daher auf zuverlässige Kommunikationsnetze und das Internet der Dinge angewiesen.

Mobilfunkstandards wie 5G bieten den Vorteil, dass keine grossen Investitionen in den Netzausbau nötig sind. In bestimmten Fällen ist jedoch die Gebäudedämmung ein Hindernis für diese Mobilfunkstandard. Für intelligente Zähler, die oft in Kellern installiert sind, ist daher der Einsatz von Narrowband IoT (NB-IoT) oder Cat-M1 sinnvoll. Diese Funkstandards durchdringen auch dicke Wände. Es handelt sich um stromsparende Low Power Wide Area-Technologien, die besonders energieeffizient sind.

Alle Technologiestandards sind zukunftssicher und Sunrise UPC ist dank spezialisierter Energiemanagement-Partner bestens aufgestellt, um Full-Service-Projekte zu stemmen. Mit unserem 5G Joint Innovation Center in Opfikon bieten wir sogar die Möglichkeit, sich persönlich über verschiedene Konzepte auszutauschen und neue Ansätze zu pilotieren.