Trendartikel Powertage 2022

E-Mobilität – Ein klimaschonendes Verkehrssystem auf Basis erneuerbarer Energien?

Mobilität, die Beweglichkeit von Personen und Gütern im geographischen Raum, ist ein Urbedürfnis und seit der Erfindung des Rades hat die Menschheit immer ausgeklügeltere Fortbewegungsarten gefunden. Die E-Mobilität ist dabei überraschend alt und im Alltag reduzieren wir sie oft auf elektrische Auto

E-Mobilität ist mannigfaltig

Mobilität, die Beweglichkeit von Personen und Gütern im geographischen Raum, ist ein Urbedürfnis und seit der Erfindung des Rades hat die Menschheit immer ausgeklügeltere Fortbewegungsarten gefunden. Die E-Mobilität ist dabei überraschend alt und im Alltag reduzieren wir sie oft auf elektrische Autos, aber schliesslich umfasst sie jegliche Beweglichkeit mithilfe elektrischer Antriebe – auch mit Hilfe von Segways und Hover Boards. Dennoch, ein zentraler und oft diskutierter Ansatz der Elektromobilität für ein nachhaltiges und klimaschonendes Verkehrssystem auf Basis erneuerbarer Energien ist und bleibt das Elektroauto.


Lademöglichkeiten

Viele Gefährte der E-Mobilität und fast alle erhältlichen Elektroautos nutzen heute Lithium-Ionen-Batterien. Bei Elektroautos gibt es für diese grundsätzlich zwei unterschiedliche Ladeverfahren: Schnellladung per Gleichspannung und Ladung per Wechselspannung. Da aber jede Batterie mit Gleichspannung geladen werden muss, unterscheiden sich die zwei Systeme durch die Platzierung des Wechselrichters, der Wechselstrom aus dem Netz in Gleichstrom für die Batterie wandelt. In den Fahrzeugen ist in jedem Fall ein Wechselrichter, der den Strom aus dem 50-Hertz-Netz wandeln kann. Dieser ist in Platz und Gewicht limitiert, so dass er nur eine beschränkte Leistung wandeln kann. An einer Schnellladestation hingegen kann ein Wechselrichter beliebig gross sein, um ein Fahrzeug in wenigen Minuten elektrisch laden zu können.


Sicherheit und Unsicherheit

Wie bei jeder neueren Technologie stellen sich viele Fragen zur Sicherheit – schliesslich werden theoretische Betrachtungen erst durch langjährige Erfahrungen empirisch validiert. Elektroautos sind aus Sicht des Gesetzgebers – wie auch der Versicherungswirtschaft, kantonalen Gebäudeversicherungen und Baubehörden – kein zusätzliches Brandrisiko. Das Risiko ist dem eines konventionellen Autos gleich: Ähnlich wie bei Benzin, das sich bei Temperaturen knapp über 200°C selbst entzündet, besteht bei Lithium-Ionen-Batterien die Gefahr, dass sie anfangen zu brennen. Letztere setzt bei Brand Sauerstoff aus Oxidverbindungen frei und brennt ohne Luftzufuhr – erlischt gleichwohl kontrolliert, wenn sie im Brandfall gekühlt wird.

Das erhöhte Unfallrisiko durch fehlende Motorengeräusche wurde durch europaweite Anforderungen an synthetische Geräusche bei tiefer Geschwindigkeit bereits angepasst – der Übergang von Lärmverschmutzung zu Verkehrssicherheit ist eine Linie feiner Ironie. Risiken und spannende moralische Fragen von Autopiloten und selbstfahrenden Autos sind hingegen allgemeiner Natur und nicht gepachtet von der E-Mobilität.


Individuelle Wahl und gemeinsames Netz

Der Kauf eines Autos ist oft eine individuelle ad hoc Entscheidung. Eine Immobilienstrategie ist im Vergleich längerfristig und für alle Eigentümer gleich. Das elektrische Stromnetz – woran wiederum alle Immobilien und Ladestationen angebunden sind – ist langfristig und, wenn immer möglich, ganzheitlich. Daraus ergeben sich diverse Spannungsfelder.

Der Konsens in der Stockwerkeigentümergemeinschaft ist gesucht bei der Diskussion um die Erneuerungs- und Finanzierungsplanung – selbst wer vorab die Ladeinfrastruktur selbst bezahlt, sollte klare Regeln fordern für eine spätere Nachrüstung. Heute ist das Elektroauto in unseren Breitengraden in der Minderheit, aber in Zukunft kann sich das – beispielsweise mit Blick auf Entwicklungen in Norwegen – ändern. Spätestens dann muss in der Schweiz, dem Land der Mieter, die Unterstützung von E-Mobilität in Mietwohnungen selbstverständlicher werden.

Die Verteilnetzbetreiber können die Installation und den Betrieb neuer Strombezüger in ihrem Netz nur bis zu einem gewissen Grad beeinflussen. Aufgrund der Netzanschlussbewilligungen kennen sie die maximalen Leistungsbezüge je Anschluss. Die altbewährte Methode die Gleichzeitigkeit von zu hoher Last einzudämmen, ist ihnen seit jeher durch die Rundsteuertechnik gegeben. Notabende aber schon lange mehr ein Werkzeug zur Tarifoptimierung und zum Energiemanagement, als zum verhindern kritischer Netzsituationen. Neue IT-gestützte Ansätze für intelligente Steuer- und Regelsysteme im Netzbetrieb bieten da zukünftig dynamischere Smart-Grid-Möglichkeiten, das Netz zu betreiben.

Heute macht die E-Mobilität einen kleinen Teil der Flotte aus – die Gefahr einer Netzüberlastung, Stromknappheit oder Planungsunmöglichkeit und drakonischer Ausgleichsenergiekosten treten bis anhin nicht auf. Macht die E-Mobilität irgendwann mal eine Mehrheit der Flotte aus, bietet sie ein grosses Potential, welches nicht ungenutzt bleiben sollte. Können die Batterien bidirektional geladen werden – also auch vom Netz entladen werden –, sind neue Methoden zum Lastmanagement und neue Ansätze für Systemdienstleistungen möglich. Mit einer – aktuell nicht wahrscheinlichen – vollen Strommarktöffnung können nicht nur der Ladestrom unterwegs vom Heimlieferanten kommen, sondern auch neue Dienstleistungen für Mieter und Eigenheimbesitzer in eleganter Kombination mit dem Service Public eingeführt werden.

Ausblick

Im Betrieb können elektrische Fahrzeuge nachhaltig oder nichtnachhaltig sein – die graue Energie bei der Produktion und Entsorgung ausgeblendet. Es ist die Frage, mit welchem Strom sie geladen werden und wie sie in den Netzbetrieb integriert werden können. Ihr Potential ist unumstritten und ihre Rolle für eine nachhaltige Energieversorgung wichtig. Entsprechend sind Ladestationen, das gewünschte intrinsische Ladeverhalten des Autobesitzers und die erlaubte extrinsische Ladestrategie des Verteilnetzbetreibers oder Stromlieferanten wichtige Randbedingungen für Netzausbau, Stromproduktion und Gesetzgebung.